«Irgendwo muss man ja anfangen», erinnert sich Reto Ritz an die Nächte an Kreuzlinger Wänden zurück. Mit 17 Jahren wurde er dann beim Sprayen erwischt. «Zum Glück gab es keine Anzeige, ich konnte die Sache aussergerichtlich klären», erzählt Ritz. Bezahlen musste er den Spass dennoch und Sozialstunden kamen noch dazu. Eine gute Sache hatten die Scherereien jedoch. Die Stadt sah seine Qualitäten und fragte ihn an, ob er die Hafenunterführung gestalten wolle. Seit eineinhalb Jahren laufen nun Spaziergänger und Velofahrer an seinen Buchstaben vobei. «Sehr teure Werbung», schmunzelt Ritz, der sich dort mit seinem Sprayernamen rways verewigte.
Kein Nutzen in Vandalismus
Nach der Festnahme stellte sich für ihn der Nutzen dieses Vandalismus in Frage. Erstens seien die Graffits eine Respektlosigkeit vor fremdem Eigentum, zweitens würden diese in Kreuzlingen sowieso nicht gewertschätzt und drittens waren seine damaligen Werke nicht einmal gut. Er beschloss das illegale Malen aufzugeben. Denn im Grunde hatte er einfach Freude an Schrift, egal ob erlaubt oder unerlaubt geschrieben. Schon in der Schule machte es im «extrem Freude» die Titel seiner Arbeiten zu verschönern. Bald schon hatte er auch die Namen all seiner Freude ausgeschmückt. Beim Zugfahren entdeckte er dann Graffitis und die Möglichkeiten mit der Sprühdose dahinter.
Ruhm und Ehre
Weil er heute nur noch auf Tafeln oder in seinen Block malt, zählt er sich auch nicht zur Graffiti-Szene. «Ich bin viel mehr ein grosser Fan von ihr», so Ritz. So gross, das er seine Maturaarbeit dem Thema Graffiti gewidmet hat. Dabei habe er viel dazugelernt über die Regeln im Graffiti. Regeln im Graffiti? Einer Szene, die versucht, Polizeiautos mit ihrem Namen anzusprayen? Es gehe um Schriften, Formkontinuität und Verhaltensregeln, erklärt Ritz «Mit der Zeit werde man wie zu einem Weinkenner der Schrift.»
Das sogennante «crossen», dem Übermalen von anderen Graffitis, könne in gewissen Fällen toleriert, in anderen Fällen zu gebrochenen Knochen führen. Sprayer sehen sich zudem nicht als Künstler. Vielmehr geht es um Ansehen und Ruhm. «Graffiti ist nicht Kunst, sondern vielmehr Werbung. Der Sprayer markiert mit den Signeten seine Präsenz.» Das könne durch Quantität oder Qualität erreicht werden. Auch Ritz präsentiert seine Werke der Welt – auf Instagram @rwaysart.
Im Endeffekt sei das Malen seine Form der Entspannung und ein Hobby, bei dem er seine Fähigkeiten weiterentwickeln könne. Für angehenden Graffiti-Maler hat er darum ein paar Ratschläge: «Abzeichnen, abzeichnen, abzeichnen und immer einen Stift in der Hand haben.»