Zum von den Quartiervereinen organisierten Wahlpodium am Mittwochabend waren rund 300 Personen gekommen. Vier Minuten Zeit erhielten Seraina Perini und Markus Baiker für eine Schnellvorstellung.
Seraina Perini will die Kreuzlinger Schule langfristig, sprich: für mehrere Amtsperioden, auf sichere Beine stellen. Die 49-Jährige ist Mitglied in der FDP. Den Wahlkampf führt sie allerdings mit einem parteiübergreifenden Unterstützungskomitee. Die dreifache Mutter hat zwei Kinder, die im schulpflichtigen Alter sind. Sie ist ein Familien- und Naturmensch, macht auf der Langlaufpiste eine gute Figur und bekocht gerne ihre Familie und viele Gäste. Ihr Lieblingsgericht sind Involtini.
«Ich habe wahnsinnig gern unterrichtet», sagt die Primarlehrerin über ihre Zeit an der Schule. In der Schulbehörde war sie elf Jahre lang tätig und verfügt ausserdem über Erfahrung in der Privatwirtschaft. Mit Weiterbildungen hat die Kulturvermittlerin Know-How in den Bereichen Management und Leadership erworben.
An der Veranstaltung wurde deutlich, dass ihre Unterstützer Perinis pädagogische Erfahrung als unabdingbar für das Amt ansehen. Und auch sie selbst sagt: «Ein Schulpräsident muss ein Faible für Pädagogik haben.»
Die Unterstützer von Markus Baiker hingegen wollen einen Manager an der Schulspitze sehen. Baiker ist 60 Jahre alt, parteilos und hat zwei erwachsene Kinder. Baiker beschreibt sich als geselliges Organisationstalent und Bergfex, mit dem man gut auf ein Bier zum Oktoberfest gehen kann. Der Elektriker, der einen Abschluss als Ingenieur an der Fachhochschule Konstanz erwarb, machte schnell Karriere, unter anderem war er zwölf Jahre lang in einer Führungsposition bei der Swisscom. Als Schulpräsident würde er weniger verdienen als derzeit, offenbarte Baiker. Ihm fehle zwar die pädagogische Ausbildung, sagte er, «dafür habe ich pädagogisches Gefühl.» Er möchte sechs Jahre an der Spitze stehen, neue Strukturen schaffen und die Schulen dann in geordnetem Zustand einem Nachfolger übergeben.
Dank zahlreicher Fragen aus dem Publikum mussten die Kandidaten zu verschiedenen Themen Stellung beziehen. Beide sind sich einig darin, mit beiden Schulbehörden in Zukunft gut zusammenarbeiten zu können. Angesprochen auf den Umgang mit dieser schwierigen Situation nach dem Rücktritt von René Zweifel sagte Perini, sie möchte zunächst eine Auslegeordnung machen und die Situation analysieren. Dann könnte sie sich auch Hilfe von aussen in bestimmten Bereichen, etwa in der Immobilienbewirtschaftung oder IT, vorstellen. Baiker würde gleich eine externe Organisationsanalyse in Auftrag geben, wobei er die Untersuchung des Kantons schon als Teil derselben ansieht. Als Präsident würde er Einblick in alle Dossiers erhalten und danach über das weitere Vorgehen entscheiden, so Baiker.
45 Behörden und Kommissionen gebe es an den Kreuzlinger Schulen, warf Moderator Edgar Sidamgrotzki ein. In Frauenfeld seien es bloss derer zehn. Baiker vertrat die Ansicht, diesen Apparat verschlanken zu können. «Das kann nicht aufrechterhalten werden», sagte er. Bis zu einem gewissen Grad umkrempeln zu müssen, hält auch Perini für richtig. «Eventuell kann man die Kommissionen verkleinern, aber das muss man im Team anschauen», sagte sie.
Um 100 Prozent als Schulpräsident zu arbeiten, müssten beide an anderer Stelle kürzertreten. «Mein Chef hätte im Falle meiner Wahl keine Freude, aber wir würden einen Weg finden», sagte Baiker, der als Major Account Manager bei der Trend Micro GmbH angestellt ist. Perini, noch Kulturvermittlerin an der Psychiatrie Münsterlingen, hat bereits vor ihrer Kandidatur die Weichen gestellt und dort gekündigt. Eine Nachfolge zu finden für ihren Posten als Präsidentin der Organisation der Arbeitswelt Gesundheit und Soziales Thurgau hält sie für machbar.
Kritische Fragen musste sich Baiker wegen seiner fehlenden pädagogischen Erfahrung gefallen lassen. Er halte es für notwendig, sich mit dem Lehrplan 21 auseinanderzusetzen, betonte er, und wies daraufhin, dass heute sehr viel vom Kanton vorgegeben wird. Als Schulpräsident gelte es seiner Meinung nach auszuloten, wie viel Spielraum bleibt.
Aus dem Publikum kamen mitunter bissige Stellungnahmen. Jürg Kocherhans, Präsident des Arbeitgeberverbands und Unterstützer von Seraina Perini, bezeichnete Markus Baiker als unwählbar. «Wer in der heutigen Zeit im Alter von 60 Jahren eingestellt wird, sollte nicht ein halbes Jahr später schon wieder kündigen. Das weist auf eine Charaktereigenschaft hin, die wir in einem Schulpräsidenten nicht sehen wollen», urteilte Kocherhans.
Dieser persönliche Angriff von Jürg Kocherhans sorgte für viel Kopfschütteln im Saal und besonders unter den Gewerblern. Insider bezeichneten das Vorgehen als unangebracht und deplatziert.
Susanne Dschulnigg verurteilte die derzeit kursierenden Wahlinserate, welche dazu auffordern, den Namen von René Zweifel auf den Wahlzettel zu setzen. «Dass diese Inserate anonym veröffentlicht wurden, ist absolut undemokratisch», befand sie. Sie wurden lediglich mit dem Signum «Viele Wählerinnen und Wähler» oder «Viele Stimmbürgerinnen und Stimmbürger» unterzeichnet.
Wer sich im Anschluss beim Apéro unter den Anwesenden umhörte, fand Unterstützer von Seraina Perini und Markus Baiker gleichermassen. Beide Gruppierungen haben den Wunsch gemeinsam, so schnell es geht wieder geordnete Verhältnisse in der Schule herzustellen. Sollte es tatsächlich zu einer Wahl René Zweifels kommen, dann befürchten viele das totale Chaos. Nicht wenige äusserten die Meinung, der ehemalige Schulpräsident sollte sich ausdrücklich von den anonymen Inseraten distanzieren.
Die Wahl findet am 25. November statt.
Hier geht es zum Bericht über das Podium der Stadtratswahlen.