
In der abschliessenden Podiumsdiskussion haben die Referentinnen und Referenten der Tagung die Merkmale einer guten Lehre in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung herausgeschält. (Bild: zvg)
Wie muss eine gute Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer an den Universitäten und Pädagogischen Hochschulen heute gestaltet werden? Diese hochaktuelle Frage stand im Mittelpunkt der Tagung in Kreuzlingen, zu der Vertreterinnen und Vertreter von Schulen, Hochschulen und öffentlichen Einrichtungen aus der Schweiz, Deutschland und Österreich an die PHTG angereist sind. Wenn sich die Anforderungen an die Schulen und Lehrpersonen verändern, muss die Lehrerinnen- und Lehrerbildung diese als erste in ihren Ausbildungen Rechnung tragen.
Die Tagung wurde am Donnerstag mit einem öffentlichen Abendvortrag eröffnet. Dr. Olga Kunina-Habenicht von der Goethe-Universität Frankfurt präsentierte einen Überblick und vertiefende Einblicke in den aktuellen Forschungsstand zum Kompetenzerwerb von Lehrpersonen. Ausgehend von einem mehrdimensionalen Modell wichtiger beruflicher Kompetenzen von Lehrpersonen, das fachliches, fachdidaktisches, bildungswissenschaftliches und schulpraktisches Wissen, aber auch Überzeugungen, motivationale Merkmale und die Selbstregulationsstrategien der Lehrpersonen umfasst, beleuchtete Kunina-Habenicht schwerpunktmässig den Erwerb von bildungswissenschaftlichem Wissen. Dieses wichtige Wissen für die erfolgreiche Ausübung des Lehrberufs, das laut ihrer Untersuchungen 216 verschiedenen Kompetenzen umfasst, werde in der Ausbildung von Lehrpersonen oft eher zufällig ausgewählt. Dennoch, so das Fazit, werde es im Lehramtsstudium gut und wirksam vermittelt.
Unterschiedliche Erwartungen
Im Eröffnungsvortrag des zweiten Tages legte Udo Rauin, Professor für Erziehungswissenschaften an der Goethe-Universität Frankfurt, den Schwerpunkt auf die unterschiedlichen Erwartungen, die von verschiedenen Seiten an die Bildungswissenschaften in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung herangetragen werden. Unter anderem wies er darauf hin, dass Irritationen im Studium von zentraler Bedeutung sind und diese vor allem in der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Theorien entstehen. In der Ausbildung sollte vielmehr eine Auseinandersetzung mit der Schulpraxis als in der Praxis stehen, denn was die Studierenden in der aktuellen Praxis erleben, sei oft nicht das, was eine zukunftsfähige Schule sein könnte.
Zusammenspiel von Theorie und Praxis
In kurzen Impulsreferaten beleuchteten die weiteren Referentinnen und Referenten die Themen, die sie in den anschliessenden Workshops mit den rund 80 Teilnehmenden der Tagung vertiefen würden. Der Fokus lag dabei auf verschiedenen Facetten der Lehre in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung, wobei dem von Prof. Rauin thematisierten Zusammenspiel von Theorie und Praxis besondere Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Elke Grosskreutz, Rektorin Gebhardschule Konstanz, und Jürgen Kaz, Rektor Alexander-von-Humboldt Gymnasium Konstanz, gingen in ihrem Workshop den Fragen nach, wie viel Individualisierung gut und wie viel Lehrerpersönlichkeit notwendig sei. Der Rektor der Kantonsschule Romanshorn, Alois Krähenmann, und Clemens Wagner, Physiklehrer an der Kantonsschule Romanshorn, stellten die Erkenntnissen eines Schulentwicklungsprojekts zur Diskussion und zeigten die Anforderungen eines solchen Unterrichtsmodells an Lehrpersonen auf. Das Romanshorner Projekt legt den Fokus auf das Verstehen statt Reproduzieren der Lerninhalte, was fundiertes fachliches und fachdidaktisches Wissen von den Lehrpersonen verlangt. Thomas Götz, Professor für Empirische Bildungsforschung an der Universität Konstanz und der PHTG, und der Leiter des Studiengangs Sekundarstufe II der PHTG, Prof. Peter Heiniger, gingen in ihrem Workshop der Frage nach, ob sich in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung Forschungs- und Bildungsorientierung gegenseitig behindern würden.
In der abschliessenden Podiumsdiskussion mit den Referentinnen und Referenten der Tagung wurden Merkmale einer guten Lehre in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung herausgeschält, vor allem aber viele noch offene Fragen identifiziert. Klar wurde dabei jedoch, dass die länderübergreifende Kooperation der Universität Konstanz mit der PHTG nicht nur als vorbildlich gilt, sondern als besondere Chance, vor dem Hintergrund verschiedener Modelle der Lehrerinnen- und Lehrerbildung die aktuelle Lehre zukunftsgerichtet weiterzuentwickeln.
Das Forum
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